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n Familien gibt es kaum ein größeres Streitthema als das Erbe. Es geht um verletzte Eitelkeiten, Eifersucht, Immobilien und letztlich ums Geld. Experten raten, rechtzeitig ein Testament zu verfassen.

Häufig dient es nämlich nicht nur dazu, seinen letzten Willen umgesetzt zu wissen, sondern ebenfalls Erbstreitigkeiten vorzubeugen. So gut, wie die Absicht des Erblassers auch sein mag, gelegentlich verfehlt sie ihr Ziel. Zudem wird das Testament manchmal rechtswidrig missbraucht. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Erblasser gegen seinen Willen einige Passagen notiert hätte. Ob gerechtfertigt oder ungerechtfertigt: Es besteht die Möglichkeit, ein Testament anzufechten.

Angriffspunkte beim letzten Willen

Auf vielfältige Weise lässt sich der letzte Wille anfechten. Ob dies von Erfolg gekrönt ist, hängt vor allem von der Ausgangslage und der Beweislage ab. Typische Gründe, weswegen ein Testament für ungültig erklärt werden kann, sind:

  1. Formunwirksamkeit: Das Testament muss eine bestimmte Form aufweisen, damit es überhaupt gültig ist. Hat es Formfehler, kann es für nichtig erklärt werden.
  2. Fälschung: Gerade bei handschriftlichen Testamenten ohne notarielle Beurkundung besteht die Gefahr einer Testamentsfälschung. Ein grafologischer Gutachter kann bei der Aufklärung helfen.
  3. Nicht testierfähig: Damit ein Testament Gültigkeit besitzt, muss der Verfasser zu dem Zeitpunkt testierfähig gewesen sein. Im Nachhinein ist dies oft kaum festzustellen. Liegen Zweifel aufgrund von Demenz oder schweren psychischen Krankheiten vor, kann das Testament ungültig sein.
  4. Unter Zwang: Ist der Erblasser durch Drohungen zu einem bestimmten Inhalt des Testaments gezwungen worden, kann es seine Gültigkeit verlieren. Hierbei ist unerheblich, ob die Person, die den Druck ausübt, selbst der Begünstigte im Testament ist oder jemand anderer.
  5. Einflussnahme Dritter: Haben Dritte – aus schlechten oder guten Gründen – den Erblasser bei seinem Testament beeinflusst, kann eine unrechtmäßige Einflussnahme vorliegen. Niemand kann sich durch einen Betreuer oder Bevollmächtigten vertreten lassen. Das Testament muss stets den eigenen Willen ohne Einflussnahme anderer widerspiegeln. Besteht der Verdacht, dass der Erblasser nicht eigenmächtig gehandelt hat, kann die Verfügung unwirksam sein.
  6. Irrtum: Es mag sonderbar erscheinen, aber jegliche Willenserklärung lässt sich anfechten, wenn sich der Erblasser beim Inhalt geirrt hat. Er wollte mit der Erklärung gar nicht das bezwecken, was er letztlich damit erreicht hat. Solch ein Anfechtungsgrund kommt in der Praxis gar nicht so selten vor. Vielleicht hat sich der Erblasser beim handschriftlichen Testament verschrieben. Manchmal treten auch Rechtsfolgeirrtümer auf, durch die der letzte Wille an Gültigkeit verliert.
  7. Motivirrtum: Irrt sich ein Erblasser über einen Beweggrund, kann der letzte Wille angefochten werden. In diesem Fall wäre zu überprüfen, welche Erwartungen und Vorstellungen der Erblasser beim Verfassen des Testaments hatte. Hierfür wäre ein Beispiel, dass der Verstorbene sein Haus in München als nicht sehr wertvoll erachtet hat und es deshalb seinem Nachbarn vererbt hat. Lässt sich nachweisen, dass er, wenn er den echten Wert des Hauses gekannt hätte, dies jemand anderem vermacht hätte, kann das Testament nichtig sein.
  8. Übergehen von Pflichtteilberechtigen: Hat der Erblasser irrtümlich einen Pflichtteilberechtigen übergangen, kann das Testament angefochten werden. Ein klassisches Beispiel dafür wäre, dass nach dem Tod des Erblassers ein bisher unbekanntes Kind von ihm auftaucht. Jetzt gibt es mit dem Kind einen neuen Pflichtteilberechtigen. Soll die Übergehung Bestand halten, muss bewiesen werden, dass dies im Sinne des Erblassers gewesen wäre.
  9. Bindung an vorherige Erbverträge und Ehegattentestamente: Geht ein Testament nicht mit vorherigen, gültigen Verfügungen einher, kann es ungültig sein.
  10. Scheidung: Nicht selten vergessen Menschen einen letzten Willen zu ändern, wenn sich ihre familiäre Situation ändert. In der Verfügung steht noch der Ehegatte als Alleinerbe. Nach der Testamentsverfassung kam es allerdings zur Scheidung oder sie ist danach beantragt worden.
  11. Verbote: Zwar besteht die Testierfähigkeit, jedoch ist sie nicht grenzenlos. Verstöße gegen strafrechtliche Normen können ein Testament ungültig werden lassen. Gleiches zählt für Verstöße gegen Gesetzesvorschriften, die beim Aufenthalt in Heimen zutreffen. Zuwendungen an Kranken- und Pflegeheime sowie deren Mitarbeiter sind im letzten Willen ungültig.

Wie kann ich ein Testament anfechten?

Jeder, der von der Unwirksamkeit eines letzten Willens betroffen ist, darf ein Testament anfechten. Dies können beispielsweise gesetzliche Erben sein oder Erben, die in einem vorherigen letzten Willen erwähnt werden. Sie können sich an einen Anwalt für Erbrecht wenden, um ihm die Sachlage zu schildern. Doch es muss schnell agiert werden, denn es besteht eine Anfechtungsfrist von einem Jahr. Jedoch beginnt diese Frist erst dann, wenn der Anfechtungsberechtigte erfährt, dass es einen Anfechtungsgrund gibt. Die Anfechtung selbst muss gegenüber dem örtlichen und zuständigen Nachlassgericht erklärt werden. Dies geschieht in schriftlicher Form oder in Form einer Niederschrift seitens der Geschäftsstelle.

Testament ungültig: Was passiert jetzt?

Ist ein Testament für nicht gültig erklärt worden, kommen zwei Szenarien infrage.

  • Es existiert kein vorheriges, gültiges Testament des Erblassers. Nun tritt die gesetzliche Erbfolge ein.
  • Es existiert ein vorheriges, gültiges Testament. Jetzt können die dort enthaltenen Regelungen Anwendung finden.

​Durch die Testamentsanfechtung ist es möglich, dass Pflichtteilansprüche entstehen. Unter Umständen kann es ratsamer sein, eine Testamentsauslegung anzustreben. Bei dieser geht es darum, den letzten Willen des Erblassers zu erforschen und damit richtig zu interpretieren. Ob es empfehlenswert ist, ein Testament anfechten zu lassen oder nicht, kann letztlich ein Anwalt nur am Einzelfall beurteilen.

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Publiziert am 
Feb 7, 2020
 in Kategorie:
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