elbstnutzung. Vermietung. Verkauf. Dies sind die drei gängigen Möglichkeiten, die Ihnen mit einer geerbten Immobilie bleiben. Der Erfahrung nach entscheiden sich die meisten Erben für einen Verkauf. Oft passt das einstige Familienheim einfach nicht für eine Eigennutzung. Sollte dies bei Ihnen anders sein und Sie möchten es gern selbst nutzen, dann lesen Sie hier unsere Ausführungen dazu. Sie gehen auf das Thema Erbschaftssteuer an den Fiskus ein und zeigen Ihnen auf, in welchen Fällen bei Selbstnutzung der Erbimmobilie die Erbschaftssteuer tatsächlich entfällt – das ist nämlich nicht immer der Fall.
Fakt 1: Eigennutzung für mindestens zehn Jahre – Unterschied Ehepartner und Kinder
Das Erbrecht unterscheidet zwischen dem Ehegatten und den Kindern des Erblassers in vielfältiger Hinsicht. Erbt der Partner das Familienheim, bleibt dieses von der Steuer gänzlich unberücksichtigt. Anders sieht es bei den Kindern des Erblassers aus. Jetzt ist die erbschaftsteuerliche Vergünstigung auf eine Höchstgröße von 200 m² Wohnfläche begrenzt. Übersteigt die Immobilie diese Wohnfläche, fließt der Überschuss an Wohnfläche anteilig in die Bemessungsbasis für die Erbschaftssteuer ein.
Doch hier verbirgt sich ein Aber: Es ist nicht in jedem Fall so, dass die Kinder auf diesen Anteil Steuern zahlen müssen. Immerhin profitieren sie von ihrem Freibetrag von 400.000 €, den der Fiskus auf die Erbimmobilie anrechnen würde.
Fakt 2: schnelle Selbstnutzung des Familienheims
Das Familienheim geht an die Hinterblieben nur steuerfrei über, wenn der Erbe in dieses ohne Verzug einzieht. In der Praxis ist dies tatsächlich deshalb oft der Fall, weil der hinterbliebene Ehepartner, der das Haus oder die Wohnung erbt, bereits in der Immobilie lebt. Bei den Kindern liegt die Sachlage zumeist anders. Sie sollten sich nicht zu viel Zeit lassen, um in das Familienheim einzuziehen. Der Bundesfinanzhof setzt dafür eine Frist von sechs Monaten an. Wer diese nicht einhält, muss mit Erbschaftsteuer rechnen. Das sagt eindeutig ein Urteil vom 28.5.19, II R 37/16.
Sogar nicht verschuldete Verzögerungen wie Erbauseinandersetzungen oder Sanierungsarbeiten akzeptiert das Gericht nicht als Gründe für einen verspäteten Einzug.
Sie möchten das Familienheim vor der Selbstnutzung renovieren? Dann warten Sie damit nicht. Ansonsten kann die Immobilie beim Erbe steuerlich herangezogen wird.
Fakt 3: nachträgliches Versteuern bei vorzeitiger Vermietung oder vorzeitigem Verkauf
Eine nachträgliche Besteuerung des Immobilienerbes durch das Finanzamt ist möglich. Dies ist dann der Fall, wenn der Erbe die Frist von zehn Jahren nicht einhält und vorzeitig aus dem Haus oder der Wohnung auszieht. Um von der Steuerfreiheit zu profitieren, ist damit weder ein vorzeitiges Vermieten noch ein vorzeitiges Verkaufen möglich. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen von der Regel. Steuerlich folgenlos bleibt ein Auszug vor der zehnjährigen Frist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Hierzu gehören:
- Pflegebedürftigkeit
- Tod
Wer „nur“ aus beruflichen Gründen aus der Erbimmobilie ausziehen muss, profitiert von diesen Ausnahmeregelungen daher nicht.
Fakt 4: Erbe darf den Status Eigentümer nicht aufgeben
Um von der Steuerfreiheit zu profitieren, reicht es nicht aus, dass der Erbe in dem Familienheim für mindestens zehn Jahre wohnen bleibt. Für den kompletten Zeitraum muss er zudem der Eigentümer der Liegenschaft bleiben. Ist dem nicht so, kann eine Nachbesteuerung erfolgen, wie das Hessische Finanzgericht entschieden hat (15.2.16, 1 K 2275/15). In diesem Urteil ist nachzulesen, dass für die Steuerbefreiung ein Wohnrecht oder Nießbrauch an der Liegenschaft nicht ausreicht. Um eine Nachbesteuerung zu umgehen, muss der Bewohner tatsächlich Eigentümer der Liegenschaft bleiben. Gleiches trifft zu, wenn der Erbe das Familienheim vor Ablauf der zehn Jahre nicht mehr zum Wohnen nutzt (11.7.19, II R 38/16). Kurzum: Wer als Erbe, das Eigentum oder den Wohnzweck vor den zehn Jahren aufgibt, muss mit einer Nachbesteuerung rechnen.
Fakt 5: Erblasser muss im Familienheim gewohnt haben
Das Finanzgericht München verdeutlichte mit einem Urteil (24.2.16, 4 K 2885/14), wie wichtig es ist, dass der Erblasser vor seinem Ableben in der Immobilie selbst gewohnt hat, um von Steuervergünstigungen als Erbe zu profitieren. In diesem Streitfall ging es um eine Ehefrau, die mit ihrem Ehemann gemeinsam eine sich noch im Bau befindliche Eigentumswohnung als Hauptwohnsitz nutzen wollte. Vor dem Einzug des Paars verstarb der Ehemann. Die Witwe beantragte für diese Wohnung "Steuerbefreiung als Familienheim". Das Finanzamt sprach sich gegen eine Steuerbefreiung aus, da die Wohnung noch nicht bezogen war. Die Münchner Richter gaben dem Fiskus recht. Somit war die Eigentumswohnung Teil des zu besteuernden Erbes und fließt in die zu besteuernde Erbmasse ein. Sobald für einen Ehepartner diese Erbmasse einen Wert von 500.000 € übersteigt, fällt Erbschaftsteuer darauf an. Für die genannte Witwe wäre es daher wichtig gewesen, wenn es für die Immobilie eine grundsätzliche Steuerbefreiung gegeben hätte. Aufgrund ihres verspäteten Einzugs gab es diese jedoch nicht.
Erbimmobilien selbst nutzen: Was gibt es zu beachten?
Um zu verdeutlichen, was es beim Eigennutz einer geerbten Immobilie zu beachten gibt, haben wir für Sie ein Beispiel konstruiert: Achim erbt gemeinsam mit seiner Schwester Birgit von seiner verwitweten Mutter ein Einfamilienhaus bei München. Er selbst lebt in der bayerischen Hauptstadt und würde gern in das Familienheim einziehen. Immerhin hat es für ihn einen emotionellen Wert. Was gibt es für Achim zu beachten, damit alles problemfrei verläuft?
- Achim sollte sich gut überlegen, ob er tatsächlich in das Familienheim einziehen möchte. Hierbei sind nicht nur persönliche Präferenzen und die Lebensplanung zu beachten, sondern auch der Unterhalt der Immobilie. Kann Achim sich die laufenden Kosten des Hauses leisten?
- Achim erbt das Haus gemeinsam mit seiner Schwester. Ihr gehören somit 50 % an dem Wohneigentum. Zahlt Achim ihr diesen Anteil an der Immobilie aus? Bleibt seine Schwester Miteigentümerin und nimmt von Achim künftig anteilig Miete? Oder verzichtet die Schwester auf Miete? Natürlich kann seine Schwester ihm auch ihren Hausanteil schenken. Es gibt viele denkbare Varianten, für die es genau abgestimmte Vereinbarungen braucht.
- Kann sich Achim mit seiner Schwester einigen und möchte er durch Eigennutzung von einer Steuerbefreiung profitieren, muss er in das Haus innerhalb von einem halben Jahr einziehen. Verzögert sich der Einzug aufgrund einer umfangreichen Renovierung, fällt eine Nachbesteuerung an. Es ist daher wichtig für Achim, sich mit dem Einzug zu beeilen.
Finanzielles Einsparungspotenzial smart nutzen
Zweifelsohne sind die Anforderungen aus § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG bezüglich der Steuerbefreiung durch Selbstnutzung der Erbimmobilie streng. Wer sich an sie hält, spart jedoch an einer möglichen Erbschaftsteuer, deren Höhe sich als sehr empfindlich erweisen kann.
Die erwähnte Steuerbefreiung greift unabhängig und zusätzlich zu den persönlichen erbschaftsteuerlichen Freibeträgen.
Diese belaufen sich bei Ehepartnern auf 500.000 € und bei Kindern auf 400.000 €. Erhält der Erbe also durch seine Eigennutzung eine Steuerbefreiung, kann er seinen ihm zustehenden Freibetrag für andere Werte nutzen, wie z. B. Aktien, Sachwerte und Bargeld und diese somit steuerfrei erben.
Ein Hinweis in eigener Sache: Die hier angebotenen Informationen ersetzen selbstverständlich keine Rechtsberatung. Bitte wenden Sie sich an einen qualifizierten Anwalt, Fachanwalt oder Notar, um rechtliche Fragen zu Ihrer eigenen Situation abzuklären.
Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:
- Erbrecht: Die Geerbte Immobilie Verschenken
- Immobilienerbe Und Kontovermögen Aufspüren: Wie Geht Das?
- Immobilien Und Tod: Erbschaft Mit Konsequenzen
- Erbrecht: Das Richtige Testament Zugunsten Der Kinder Unter 18 Jahren
- Das Erbrecht Einfach Erklärt
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