as Nießbrauchrecht beschreibt das Recht, fremde Dinge, Vermögen und sogar Rechte zu nutzen sowie einen wirtschaftlichen Vorteil daraus zuziehen. Oft wird es mit dem Erbrecht im gleichen Atemzug genannt, denn gerade in Erbschaftsangelegenheiten ist es häufig anzutreffen. Zumeist bezieht es sich dann auf Immobilien.
Ein klassisches Beispiel: Eltern übertragen noch zu Lebzeiten im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge – also einem Vererben von Vermögen noch vor dem eigenen Tod – ihren Kindern ihre Immobilien und ihr Haus in München. Für ihr Eigenheim wird ein Nießbrauchrecht eingeräumt, was ihnen zusichert, weiterhin in der Immobilie zu wohnen und/oder dadurch Mieteinnahmen zu erzielen. Doch was bedeutet Nießbrauch im Einzelnen? Was heißt das für die Erben? Was ist der Unterschied zum Wohnrecht? Die folgenden Erläuterungen ermöglichen, sich ein Basiswissen über Nießbrauch anzueignen. Für Detailfragen sollte unbedingt ein Anwalt konsultiert werden.
Immobilien: Nießbrauch ist nicht gleich Nießbrauch
Oft wird verkürzt von DEM Nießbrauchrecht gesprochen. Jedoch gibt es nicht nur die eine Art, sondern gleich mehrere. Dies ermöglicht dem künftigen Erblasser, für sein Erbe die passende Variante auszuwählen:
- Vorbehaltsnießbrauch: Übertragung eines Vermögenswertes wie einer Immobilie und der einstige Eigentümer behält sich den Nießbrauch vor.
- Zuwendungsnießbrauch: Je nach Gegenleistung wird das Recht an einer Immobilie entgeltlich, unentgeltlich oder teilentgeltlich eingeräumt.
- Bruchteilsnießbrauch: Hier beschränkt sich der Nießbrauch auf einen Teil eines Hauses oder des Grundstücks.
- Quotennießbrauch: Der Nießbraucher erhält eine fixe Quote an den Mieteinnahmen oder anderen Einnahmen durch die Immobilie.
- Nachrangiger Nießbrauch: Eine dritte Person wird bei Nießbrauchrechtserteilung festgelegt, an die das Nießbrauchrecht übertragen wird, wenn der Nießbraucher verstirbt.
Nießbrauch versus Wohnrecht
Diese beiden Begrifflichkeiten müssen klar voneinander unterschieden werden. § 1093 BGB sagt deutlich über das Wohnrecht aus, dass dieses die Nutzung einer Immobilie ermöglicht. Jedoch hat die jeweilige Person keinerlei weitere Rechte an dem Objekt. Kurzum: Einen wirtschaftlichen Gewinn kann sie nicht daraus ziehen. Anders ist dies beim Nießbrauchrecht. Nach diesem kann der Nießbraucher darin selbst wohnen, oder aus der Immobilie einen wirtschaftlichen Gewinn schlagen.
Wie lange besteht das Nießbrauchrecht?
Manch einem Erben kann es gar nicht schnell genug gehen, dass das Nießbrauchrecht erlischt. Denn nun kann er frei über die Immobilie verfügen. Doch oft wird von dem ehemaligen Eigentümer des Objektes ein lebenslanges Nießbrauchrecht gewählt. Dieses erlischt erst nach dem Tod des Nießbrauchers, was in § 1061 BGB nachzulesen ist. Soll es eine zeitliche Begrenzung geben, muss dies im Nießbrauchvertrag vermerkt werden.
Kann ich das Nießbrauchrecht entziehen?
Bei einer Entziehung des Nießbrauchrechtes handelt es sich um eine nicht einvernehmliche Entziehung des Rechtes. Ohne weiteres kann dies der neue Eigentümer der Immobilie nicht vornehmen, denn er braucht in der Regel dafür die Zustimmung des Nießbrauchers. Doch die Entziehung wird möglich, sobald bei der Nießbrauchsbestellung eine Rückauflassungsvormerkung in den Vertrag integriert wurde. Sie sagt aus, dass der Eigentümer den Nießbrauch unter bestimmten Konditionen zurückziehen kann. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn er ansonsten von Sozialleistungen leben müsste.
Lässt sich das Nießbrauchrecht an einer Immobilie löschen?
Eine einvernehmliche Löschung des Nießbrauchrechts ist immer möglich. In der Praxis geht diese oft mit einer Abfindungszahlung einher. Um dieser Angelegenheit einen verbindlichen Charakter zu geben, muss eine Löschungsbewilligung erstellt und vom Notar beurkundet werden. Zudem muss dieses Dokument an das Grundbuchamt weitergeleitet werden, denn dort ist das Nießbrauchrecht ordnungsgemäß fixiert.
Was bedeutet das Nießbrauchrecht für den Nießbraucher im Detail?
Das Nießbrauchrecht ist sehr umfassend und räumt dem Nießbraucher zahlreiche Rechte ein. So hat er nach § 1036 BGB das Recht auf den Besitz der Immobilie und darf in dieser wohnen sowie sie bewirtschaften. Ein Wohnhaus kann er vermieten, auf einem Ackerboden darf er Anbau betreiben und die Ernte einfahren. Außerdem kann er auf Schadensersatz klagen, wenn sein Nießbrauchrecht verletzt worden ist. Dies sagt § 823 BGB aus.
So umfangreich die Rechte sind, sie gehen mit einigen Pflichten einher. Nach § 1045 BGB ist der Nießbraucher dazu verpflichtet, das Nießbrauchsobjekt und damit hier die Immobilie selbst zu versichern. Darüber hinaus gehört nach § 1041 BGB zu seinen Pflichten, das Objekt zu erhalten. Dies umfasst einen großen Katalog an Aufgaben, Verboten und Geboten:
- Übernahme der gewöhnlichen Unterhaltung der Immobilie, zu der beispielsweise ein Austausch von kaputten Fenstern zählt.
- Große Änderungen am Haus ohne Einwilligung des Eigentümers sind nicht möglich.
- Nach § 1042 BGB muss der Nießbraucher notwendige Ausbesserungen, Beschädigungen oder Zerstörungen am Objekt sofort melden.
Beachtenswert ist, dass der Nießbraucher für typische Abnutzungserscheinungen am Objekt nicht aufkommen muss, wenn diese durch eine ordnungsgemäße Nutzung des Hauses entstanden sind. Darunter fallen beispielsweise Gebrauchsspuren am Boden.
Welche Rechte und Pflichten hat der Eigentümer?
Der Eigentümer kann bei Nießbrauchsbestellung das Nießbrauchrecht zeitlich limitieren oder auf einen Teil des Objektes beschränken. Darüber bleibt er Eigentümer des Hauses, weswegen er das Verfügungsrecht behält. Er kann also die Immobilie verkaufen. Allerdings stellt sich dies oft als schwierig da, denn das Nießbrauchrecht bleibt bestehen. Wer Eigentümer des Hauses ist, ist davon nicht von Bedeutung. Nur der Nießbrauchvertrag zählt.
Zu den Pflichten des Eigentümers gehört, dass er den Kapitalwert der Immobilie erhalten muss und damit verantwortlich für alle außergewöhnlichen Unterhaltungskosten ist. Ist ein Austausch der Heizung erforderlich, muss der Eigentümer dies vornehmen. Tut er dies nicht, kann der Nießbraucher Schadensersatz verlangen.
Erbrecht: Inwiefern kann das Nießbrauchrecht sich auf Pflichtteilsergänzungsansprüche auswirken?
Jeder Immobilieneigentümer, der ein Nießbrauchrecht aufsetzen lassen möchte, muss sich seiner Auswirkung auf das Erbrecht bewusst sein. So kann der Nießbrauch beim Erbfall einen Pflichtteilsergänzungsanspruch lostreten. Unter Umständen können Pflichtteilsberechtigte diesen fordern, wenn der Verstorbene den Nachlass durch die Schenkung zu Lebzeiten verringert hat. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, wann die Schenkung erfolgt und ob sie noch auf den Pflichtteil angerechnet werden kann. Bei Schenkungen gibt es eine Frist von zehn Jahren. Stirbt der Schenkende in dieser Zeit, kann die Schenkung einen Pflichtteilsergänzungsanspruch auslösen. Bei Immobilien mit Nießbrauchrecht setzt die 10-Jahres-Frist allerdings erst ein, sobald das Nießrecht abgelaufen ist.
Was ist beim Umgang mit Immobilien mit Nießbrauchrecht zu beachten?
§ 1059 BGB besagt, dass das aufgesetzte Nießbrauchrecht nicht übertragbar ist. Jedoch existieren Ausnahmen für rechtsfähige Personengesellschaften sowie juristische Personen. Ein Nießbraucher kann daher sein Recht nicht verkaufen oder gar vererben. Es endet mit Fristablauf oder seinem Tod. Der Immobilieneigentümer kann einen Nießbrauch allerdings im Erbvertrag oder im Testament aufnehmen. Ein typisches Beispiel ist, dass er bestimmt, dass sein Haus an die Kinder geht, aber sein Partner ein Nießbrauchrecht bis zum Tod hat.
Eine mit Nießbrauch belastete Immobilie darf der Eigentümer verkaufen. Oft ist dies nur mit Preisnachlässen möglich, da der neue Eigentümer aufgrund des Nießbrauchs in seinem Umgang mit dem Objekt stark eingeschränkt ist.
Was gibt es bezüglich der Steuer zu berücksichtigen?
Das Nießbrauchrecht kann dazu führen, dass verschiedenste Steuern anfallen. Zu ihnen zählen die:
- Grunderwerbsteuer
- Schenkungssteuer
- Erbschaftssteuer
Entstehen Einkünfte durch den Nießbrauch, müssen auch diese versteuert werden. Ein kompetenter Steuerberater kann dabei helfen, diese legal zu reduzieren.
Vor- und Nachteil: Ist das Nießbrauchrecht gut oder schlecht?
Auf diese Frage gibt es keine klare Antwort. Es hängt vom Einzelfall und von der jeweiligen Perspektive des Betrachters ab, ob das Nießbrauchrecht vorteilhaft ist oder nicht. Allgemein ist allerdings an Vorteilen festzuhalten, dass sich das Nießbrauchrecht individuell gestalten lässt. Zudem kann ein Eigentümer einer anderen Person umfassende Nutzungsrechte an einem Haus einräumen. Wird das Nießbrauchrecht geschickt eingesetzt, lassen sich damit Erbschaftssteuern vermeiden. Auf der anderen Seite verzichtet ein Eigentümer mit dem Nießbrauch auf einen großen Teil seiner Rechte. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch kann entstehen, der mit nachhaltigen Kosten verbunden ist. Darüber hinaus sind die Bestimmungen rund ums Thema Nießbrauch sehr umfangreich und intransparent, weswegen eine solide Rechtsberatung unerlässlich ist.
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