ufgepasst! Ab dem 1. Januar 2023 kann ein Verschenken und Vererben von Immobilien erheblich kostspieliger werden. Der Grund dafür liegt in einer subtilen Stellschraube, an der der Staat dreht. Von der allgemeinen Öffentlichkeit größtenteils unbeachtet hat der Bundestag am 10. Oktober 2022 einen neuen Gesetzesentwurf vorgebracht. Eine Bundestagsdebatte darüber vom 7. November 2022 lässt sich hier nachlesen. (Seite 12 - 14, 22, 23 und 26)
Demnach gibt es nun deutliche Änderungen bei den steuerlichen Bewertungsmaßstäben für bebaute Grundstücke.
Die Konsequenz daraus ist: Mehr Erben und Beschenkte werden künftig auf Immobilien eine Schenkungssteuer oder Erbschaftssteuer zahlen.
Im Zweifelsfall kann sie so hoch sein, dass der Begünstigte letztlich das Objekt verkaufen muss. Einige Kritiker bezeichnen dies als still vollzogene, indirekte Maßnahme zur Enteignung von Wohneigentum.
Erben und Schenken – (fast) das Gleiche vor dem Steuergesetz Deutschlands
Aus steuerlicher Perspektive handelt es sich beim Erben und Schenken um fast das Gleiche. In Abhängigkeit vom Verwandtschaftsgrad greifen unterschiedliche Freibeträge sowie Steuersätze. Wird der Freibetrag überstiegen, hängen Erbschafts- und Schenkungssteuer von dem persönlichen Einkommenssteuersatz ab. Der Prozentsatz wird dann auf den Wert angewendet, der den Freibetrag überschreitet.
An den Freibeträgen wird vorerst nichts geändert. Gleiches zählt für den Einkommenssteuersatz. Geändert wird nur die steuerliche Bewertung von bebauten Grundstücken. Doch genau diese hat es in sich.
Das ändert sich
Wortwörtlich steht in dem Entwurf zur Änderung der steuerlichen Bewertung: „Mit den nunmehr vorgenommenen Änderungen des Bewertungsgesetzes werden insbesondere das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung angepasst.“
Dies hört sich für den Laien nicht bedenklich an. Hinter dieser Passage verbirgt sich jedoch die Kernaussage, dass die Wertermittlung sich künftig näher an den Vorschlägen der Gutachterausschüsse orientiert und damit an die derzeitigen Verkehrswerte. Somit sorgen die in den meisten Regionen gestiegenen Immobilienpreise dafür, dass die Wertermittlungen zu einem höheren Immobilienwert kommen. Mit dem Immobilienwert steigt das Risiko auf eine Besteuerung, da der Freibetrag für Erben schneller überschritten wird und im Falle einer Besteuerung die Steuer an sich.
Experten sind sich einig, dass eine Steigerung der anfallenden Steuer von mindestens 20 % bis 30 % zu erwarten ist.
Teilweise kann es sogar zu einer Verdopplung kommen, was den Beschenkten oder den Erben in finanzielle Schwierigkeiten bringen kann.
Beispiel:
Angenommen Frau Erna W. aus München stirbt. Sie hinterlässt ihrem Sohn ihr renovierungsbedürftiges Häuschen am Stadtrand, für die die Steuerbehörde 2022 einen Wert von 300.000 Euro veranschlagt hätte. Zum Nachlasswert kommen noch 80.000 Euro an Bankvermögen sowie Schmuck. Ihr Sohn erbt somit insgesamt 380.000 Euro. Da sich sein Freibetrag auf 400.000 Euro beläuft, zahlt er auf den Nachlass keine Steuer.
2023 sieht die Sachlage anders aus. Nach der neuen, veränderten Bewertungsregel ist das Häuschen plötzlich 390.000 Euro wert. Zusammen mit dem weiteren Nachlass kommt der Sohn damit auf einen Nachlasswert von 470.000 Euro. Er muss bei dem gesetzlich verankerten Freibetrag von 400.000 Euro damit auf 70.000 Euro Erbschaftsteuer zahlen.
Steuerlast vermeiden: Was ist zu tun?
Einige Immobilienbesitzer denken darüber nach, ihr Grundstück samt Liegenschaft noch vor dem 1. Januar 2023 an ihren vorgesehenen Begünstigten zu übertragen. In diesem Fall wäre es nämlich möglich, noch auf die alte Bewertungsgrundlage zurückzugreifen, sodass im Zweifelsfall keine oder eine geringere Steuer erhoben wird. Bevor solch ein Schritt getätigt wird, ist es wichtig, sich mit einem Anwalt oder Steuerberater zu beraten. Dieser kann den Einzelfall prüfen und abschätzen, ob sich dieses Vorgehen finanziell lohnt oder nicht.
Für die Schenkung und damit Übertragung einer Immobilie ist immer ein notarieller Vertrag erforderlich. Diesen reicht der Notar beim Grundbuchamt ein, welches diesen im nächsten Schritt im Grundbuch ändert.
Eine weitere Option ist, nur einen Teil des Erbes vorzeitig zu verschenken.
Der Freibetrag für das Vererben und Verschenken greift für einen Zeitraum von zehn Jahren. Handelt es sich um ein größeres Vermögen, kann es ratsam sein, alle zehn Jahre von dem Freibetrag Gebrauch zu machen.
Wichtig: Wenn rein aus steuerlichen Gründen eine vorzeitige Übertragung einer Immobilie geplant ist, kann es ratsam sein, in den Vertrag ein Nießbrauch oder Wohnrecht einzutragen. Auf diese Weise stellt der bisherige Eigentümer sicher, dass er weiterhin in dem Objekt wohnen und/oder daraus Mieteinnahmen ziehen kann.
Ab wann sind die Änderungen zur Immobilienbewertung gültig?
Ein Übertragen einer Immobilie ist ein Prozess, der sich aufgrund der beteiligten Ämter und des Notars über mehrere Wochen hinzieht. Es stellt sich daher die Frage, bis zu welchem Datum noch die alten Steuersätze Anwendung finden. Rechtsexperten ziehen hierfür folgende Regelung heran:
Das Datum der Schenkung ist dann, wenn der alte Eigentümer sich mit dem neuen Eigentümer über die Eigentumsübertragung der Liegenschaft geeinigt hat und die Grundbuchänderung von dem Schenkenden bewilligt wurde.
Im notariellen Vertrag zu der Eigentumsübertragung ist die Erklärung vorhanden, weswegen davon auszugehen ist, dass das Datum der notariellen Beurkundung des Vertrags für die Art der Bewertungsgrundlage herangezogen wird. Um noch schnell eine Immobilie zu verschenken, müsste der Notarvertrag vor Jahresende unterschrieben werden.
Wichtiger Hinweis: Die hier angebotenen Informationen dienen der Orientierung und ersetzen keine Rechtsberatung. Bitte wenden Sie sich an einen qualifizierten Anwalt, Fachanwalt oder Notar, um Ihre eigene Situation abzuklären. - Stand November 2022 -
Weitere Quellen:
- Jahressteuergesetz 2022 - Deutscher Bundestag Wortprotokoll der 32. Sitzung vom 7.11.2022
- Erbrecht: Ohne Steuern Die Wohnung An Die Kinder Vererben
- Erbrecht: Geerbte Immobilie Steuerfrei Verkaufen
- Erbrecht: Die Geerbte Immobilie Verschenken
- Immobilien Und Tod: Erbschaft Mit Konsequenzen
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